Der SUV Markt im Online Check

Die Zulassungszahlen im Segment SUV sprechen eine eindeutige Sprache. SUVs bilden nach der Kompaktklasse und Kleinwagen in Deutschland das drittstärkste Segment – Tendenz weiter steigend. Hersteller, die die Chancen in diesem Wachstumssegment nutzen wollen, müssen kontinuierlich über das Meinungsbild und dessen Strömungen informiert sein.

In wieweit die SUV Modelle dabei tatsächlich aktuelle und zukünftige Erwartungen erfüllen können, zeigt eine von m-result erstmals durchgeführte Analyse von Meinungen in ausgewählten sozialen Netzwerken, Blogs und Foren. Wie ticken die User in Bezug auf automobile Themen, welche Informationen sind hilfreich für die Industrie und wie lassen sie sich gewinnen?

Bedeuten mehr Zulassungen eine höhere Aufmerksamkeit?

Ein guter Richtwert zur Einschätzung ob ein SUV Modell Aufmerksamkeit erzeugt bzw. ob ein fahrzeugspezifisches Thema aus Sicht der User Relevanz besitzt, ist der Anteil der im Internet abgegebenen Bewertungen („Share of Opinion“). Natürlich ist dieser Wert abhängig von vielen weiteren Faktoren wie Werbemaßnahmen oder Modell- und Markenübergreifenden Themen (z.B. CO2 Ausstoß) etc., trotzdem: Hersteller laden ihre Marken und Modelle bewusst mit Emotionen auf und wünschen sich für ihre Produkte eine möglichst rege Diskussion.

Würden alle SUVs im Internet eine ähnlich hohe Aufmerksamkeit erzeugen, so müsste die Anzahl der User-Bewertungen in etwa parallel zur Zulassungsstatistik verlaufen. Betrachtet man den Share of Opinion (Anteil der abgegebenen Urteile zu einem SUV Modell im Verhältnis zu allen SUV Urteilen), so wird ersichtlich, dass dies nur bei einigen Modellen zutrifft.

 

So ist der Marktführer Tiguan auch gleichzeitig das Fahrzeug, das am häufigsten in den sozialen Medien beurteilt wird. Jedoch schon das am zweitstärksten diskutierte Modell Macan spielt bei den Marktanteilen eine nachrangige Rolle. Gleiches gilt für Jeep Cherokee, Porsche Cayenne und Audi Q7. All diese Modelle erzeugen ein großes Echo in den sozialen Medien, das nicht durch ihre Marktpräsenz zu rechtfertigen ist.

Ebenso existiert das umgekehrte Phänomen: Fahrzeuge wie der Nissan Qashqai, Mercedes GLC oder Škoda Yeti haben hohe Zulassungszahlen, finden aber nur eine unterdurchschnittliche Beachtung im Netz.

Warum ist das so? Ein naheliegender Grund ist die eingangs beschriebene Tatsache, dass die Beiträge über Fahrzeuge und Marken in sozialen Medien eben nicht ausschließlich von Kunden stammen und dementsprechend auch nicht parallel zu den Zulassungszahlen verlaufen. Insbesondere, wenn Modelle das öffentliche Interesse wecken, steigt der Buzz (Häufigkeit der Nennungen). Dies gilt im Guten, z.B. bei technischen Innovationen genauso wie im Schlechten, z.B. bei extremen Verbräuchen.

Inwieweit daneben emotionale Fahrzeugthemen einen Einfluss auf die Schreiblaune der User haben, wird weiter unten erörtert.

Welche Themen interessieren die User?

SUVs polarisieren. Man liebt sie oder man liebt sie nicht. Dies gilt für Kunden ebenso wie für die Medien, bei denen Antrieb, Verbrauch, Komfort oder die erhöhte Sitzposition beliebte Streitthemen sind.

Im Internet haben neben diesen auch sehr bodenständige Themen aus dem Fahreralltag Konjunktur. So ist das Interieur der häufigste Anlass für Kommentare.

Konkret geht es hier häufig um die Größe, Gestaltung oder Ausstattung des Innenraums. Die meisten Nutzer äußern sich zum Komfort und Raumangebot der Fahrzeuge, denn große Außenmaße versprechen viel Platz im Inneren. Viele sind demnach auch uneingeschränkt begeistert von den großzügigen Platzverhältnissen.

Kritiker hingegen erhoffen sich bei den Außendimensionen der Fahrzeuge jedoch wesentlich mehr Bein- und Kopffreiheit.

Vans bieten viel mehr Platz im Innenraum als ein oft noch breiterer SUV.

Ein ähnliches Phänomen findet sich beim Thema Kofferraum / Ladevolumen: Eine Gruppe lobt den großen Stauraum, eine andere bemängelt, dass dieser – im Vergleich zu den Fahrzeugmaßen – relativ gering ausfällt. Häufig werden auch die hohen Ladekanten thematisiert, die eine einfache Beladung bauartbedingt erschweren.
Einig sind sich die Verfasser jedoch über die Sitze und den damit einhergehenden Fahrkomfort: die erhöhte Sitzposition erlaubt einen guten Überblick und wird beinahe durchgängig positiv erwähnt.

Ebenfalls stark in der Diskussion ist das Thema Marke. Diese Kategorie beinhaltet hauptsächlich allgemeine Aussagen zum Image von Marken bzw. Herstellern, weshalb es schwierig ist, sie weiter zu klassifizieren. Auffallend ist, dass hier der Großteil der Bewertungen positiver Natur ist. Besonders stehen die SUV Modelle der Premiummarken im Fokus.

Aspekte rund um den Antrieb werden am dritthäufigsten besprochen und das mit 61% überwiegend positiv. Für die meisten User müssen glaubwürdige SUVs ihr bulliges Aussehen mit entsprechender Leistung unterstreichen. Aus Sicht der Nutzer muss das relativ hohe Leergewicht der Fahrzeuge durch gute Beschleunigung und Zugkraft kompensiert werden. Es ist kein Geheimnis, dass hohes Gewicht und große Leistung ihren Tribut in Form von gesteigertem Verbrauch fordern. Auch diese SUV Thematik bildet im Internet einen Schwerpunkt, allerdings meistens im Rahmen von negativen Bewertungen.

Ein normaler SUV kann nichts besser als ein Kombi oder eine Limousine oder ein Kleinbus

Eine Schlüsselrolle spielt das Thema Allrad: obwohl viele SUVs grundsätzlich positiv bewertet werden, schrecken viele User vor dem Kauf zurück, wenn keine Allradvariante angeboten wird. Daher wird dieses Thema überwiegend negativ bewertet (vgl. Abbildung 3).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass SUVs im Netz kontrovers diskutiert werden. Wie keine andere Fahrzeugklasse befinden sie sich in einem Spannungsfeld zwischen Fahrerlebnis (Sitzposition, Leistung, Allrad), Komfort (Innenraum, Stauraum) und Wirtschaftlichkeit. Die digitale Welt ist ebenso wie die analoge bei SUVs in schwarz und weiß gespalten … man liebt sie oder man liebt sie nicht.

Emotionalisierung als Schlüssel zum Erfolg?

Erfolgreiche Marken begeistern und emotionalisieren. Aber welchen Einfluss haben emotionale bzw. rationale Bewertungskriterien (z.B. Design vs. Rabatte) auf die Intensität der Diskussion im Internet?

Eine eindeutige Trennung in rationale und emotionale Bewertungs-kriterien fällt dabei schwer. Selbst innerhalb eines Themenbereichs verschwimmen die Grenzen: hohe Motorenleistungen sind emotional geprägt, spritsparende Motoren eher rational.

In Anlehnung an die Klassifizierung von Fahrzeugeigenschaften von Schühle2 wurden User-Kommentare anhand ihrer thematischen Beziehung aufgeteilt in:

  • rationale Bewertungen (Preis, Verbrauch, Wirtschaftlichkeit, Verarbeitungsqualität)
  • emotionale Bewertungen (Design, Image, Antrieb, Leistung, Fahrerlebnis)
  • neutrale Bewertungen

Die Abbildung zeigt die Rangfolge der Marken gemäß Emotionsindex (berechnet als das Verhältnis der emotionalen zu rationalen Bewertungen).

Insbesondere bei SUVs der Premiummarken BMW, Jaguar oder Porsche werden die emotionalen Fahrzeugeigenschaften diskutiert. Viele User verstehen die Fahrzeuge als kraftvolle, zeitgemäße Lifestyle Objekte.

Natürlich spielen auch situative Effekte wie Neueinführungen eine große Rolle und haben direkten Einfluss auf die Gesprächsthemen. Aktuelle Beispiele: Škoda Kodiaq, Jaguar F-Pace oder SEAT Ateca.

Diese Modelle wurden im Untersuchungszeitraum der Öffentlichkeit vorgestellt und vermehrt emotional diskutiert. Im Vordergrund standen hier die Themen Image und Design. Über erste Probefahrten wird dabei gerne positiv und emotional berichtet.

Die Testfahrt hat mir bestätigt, dass der F-Pace einfach ein hervorragendes Fahrerlebnis bietet

Emotionale Bewertungen treten bei Volkswagen hingegen etwas in den Hintergrund. Dies führt zu einem Rang im hinteren Bereich des Emotionsindex. Ist dies problematisch? Nein, denn eine Tiefenanalyse der Aussagen zum Tiguan, der das am stärksten diskutierte Modell ist, zeigt, dass er von vielen Usern als Benchmark herangezogen wird. Der Tiguan dient häufig bei nichtemotionalen Themen wie Preis, Verbrauch (beide rational) oder Interieur (neutral) als Vergleichsobjekt zu anderen Modellen.

Interessant ist, dass gerade SEAT, das lange Zeit mit seinem Claim „auto emoción“ für emotionale Fahrzeuge warb, im Netz überwiegend rational Beachtung findet. Thematisiert wird hier vor allem die direkte Konkurrenz des Ateca zum Tiguan. Bei diesem Duell stehen die klaren, preislichen Vorteile des Ateca in vielen Kommentaren im Vordergrund.

Dacia zeigt, dass man Erfolg nicht unbedingt über Emotionen erreicht. Wie versachlicht hier die Diskussion ausfällt, zeigt ein Anteil von 42% rationalen Gesprächsthemen (6% emotional). Der Preis hat hier oberste Priorität. Im Fokus steht das Auto als günstiges Beförderungsmittel.

Zwei Duster für den Preis eines Tiguan ist eine Ansage

Folgende Abbildung zeigt die Verteilung emotionaler (56%) und rationaler (44%) Themen bei allen untersuchten Modellen.

Ein konkreter Zusammenhang zwischen der Anzahl der Nennungen einer Marke und der Anzahl emotionaler Bewertungen lässt sich im hier gewählten SUV Beispiel nicht eindeutig ableiten. Im Gegensatz dazu lässt sich festhalten, dass Premiummarken über Sportlichkeit, Luxus und Schönheit auch im Internet Emotionen wecken.

Die Position im Wahrnehmungsraum der User

Einen Überblick, wie SUVs in den sozialen Medien diskutiert werden, gibt der Car Online Index. Er stellt die Positionen der Wettbewerber anhand der Dimensionen „Buzz“ und „Sentiment“ dar.

Je höher die Position eines Modells, umso mehr Bewertungen liegen vor. Je weiter rechts die Position, umso positiver fallen diese Bewertungen aus.

Der Car Online Index ist eine Art Momentaufnahme. Er deckt (bewusst) nicht alle Quellen ab, sondern fokussiert sich auf für das Thema Automobil relevante Ausschnitte des Internets. Inhaltlich fließen nur relevante, eindeutig zuordenbare Bewertungen in die Analyse ein. Eine bloße Nennung einer Marke oder eines Modells erhöht den Buzz nicht.

Es ist wichtig, die Position eines Modells im Gesamtkontext zu sehen. Gab es zuletzt einen Modellwechsel, Werbekampagnen, Rückrufaktionen oder ähnliches? All dies hat großen Einfluss auf die Intensität und Richtung von Diskussionen.  Es ist deshalb notwendig, die Situation rund um Modell, Marke und Branche zu kennen, bevor man Schlüsse aus einer konkreten Position zieht.

Abbildung 6 enthält ausgewählte Positionen von Fahrzeugmodellen im Wahrnehmungsraum der User. Die Interpretation überlassen wir an dieser Stelle bewusst dem Leser.